Musikprojekt 9. Klasse: Podcasts zu Protestmusik


(mit Schülerberichten und 3 Podcast-Beiträgen)

Pädagogische Vorbemerkung

In neunten Klassen erwacht oft ein Interesse für gesellschaftliche Fragen wie soziale Gerechtigkeit, rechtliche Gleichstellung, Zivilcourage etc. Politische Lieder schienen mir immer schon ein interessantes Feld für Schüler*innen zu sein, um sich mit diesen Themen auseinanderzusetzen und zu eigenen Urteilen zu gelangen.
Als ich nach einem neuen Thema für einen sinnvollen online-Musikunterricht in der Zeit des Lockdowns suchte, fand ich in meiner Schublade einen Materialband zu „Musik und Politik“ der Bundeszentrale für politische Bildung – damit war die Projektidee geboren.
Mit verschiedenen Leitfragen konnte ich die Schüler auf verschiedenen Ebenen recherchieren lassen: Nicht nur Informationen zur Band und zum jeweiligen Song waren gefragt, auch eine knappe musikalische Analyse, sowie inhaltliche Fakten zum Thema des Songs. Auch waren die Schüler*innen aufgefordert sich eine eigene Meinung zum Thema zu bilden.
Als Form schien mir schließlich das Format eines Podcasts geeignet, in welchem die Schüler ihre geschriebenen Texte verständlich aufnehmen, schneiden und mit anderen Beiträgen zusammenfügen mussten. Hierbei waren medientechnische Fähigkeiten gefragt, in welche die meisten sich neu einarbeiten mussten.

Das Projekt

Die Schüler*innen hatten zunächst 3 Wochen Zeit, um sich zu zweit einen Song aus dem Materialband auszuwählen und mithilfe eines Projektplans alle oben beschriebenen Fragen zu recherchieren und zu dokumentieren. Musikalisch konnten sie dabei aus folgenden Genres auswählen: deutsche und englische Protestlieder, Hiphop, Punk, Reggae und Heavy Metal.
In den Songs ging es u.a. um folgende Themen: Krieg, Flüchtlingspolitik, Klimawandel, soziale Ungleichheit, Rassismus, islamistischer Terror, religiöser Fundamentalismus.
In den online-Musikstunden auf der Plattform Vicole konnten sie in den Teams und Kleingruppen weiterarbeiten und bei Bedarf Fragen und Probleme klären. Am Ende einer Woche mussten sie einen Teil der Aufgabenstellung hochladen. Auch sollten sie mit entsprechenden Fotos und PowerPoint-Folien die Beiträge visuell sinnvoll ergänzen.
In der vierten Projektwoche hatten jeweils 2-3 Teams die Aufgabe aus ihren einzelnen Beiträgen eine Sendung zu einem jeweiligen Genre zusammenzustellen. Auf diese Weise entstanden insgesamt 6 Podcastsendungen, welche in der fünften Projektwoche vor der ganzen Klasse präsentiert wurden.

Das Ergebnis

Selbstständiges Arbeiten ist für Schüler*innen immer ein wichtiges Lernfeld, dabei gab es nicht nur anspruchsvolle inhaltliche und musikalische Fragen zu klären, sondern auch technische Schwierigkeiten zu bewältigen. Auch die sprachliche Kompetenz wurde dabei herausgefordert.
Das ist den meisten Schüler*innen letzten Endes recht gut gelungen, wobei Engagement und persönlicher Einsatz natürlich sehr unterschiedlich ausfielen. Das Ergebnis konnte sich insgesamt „hören lassen“, und als Musiklehrer und Klassenbetreuer der Klasse begeisterten mich vor allem sowohl gelungene Charakterisierungen der musikalischen Gestaltung als auch durchdachte eigene Gedanken und Urteile mancher Schüler*innen.

Matthias Zeylmans, Musiklehrer an der R. Steiner Schule Dietzenbach

Hier der Projektverlauf geschildert aus der Sicht von 4 Schülerinnen

„Hey Mr. Nazi“ von Blumio (Nadine und Helen)
„Wo soll ich nur anfangen“, fragt man sich oft, wenn man weiß, dass man einen ganzen Haufen Arbeit vor sich hat. Diese Frage stellten wir uns auch. Also fingen wir erst mal ganz ordentlich am Anfang an. Mithilfe der Aufgabenstellung unseres Lehrers schrieben wir ein Drehbuch. Vieles veränderte sich im Laufe der Arbeit wieder. Wir investierten vor allem beim Aufnehmen des Podcasts sehr viel Zeit. Insgesamt schätzen wir die Arbeitszeit auf 20 – 30 Stunden. Es machte Spaß, weshalb es uns nicht so lang vorkam.

Bei der Recherche lernten wir sehr viel und auch beim Aufnehmen und Schneiden des Podcasts sammelten wir Erfahrungen. Vor allem das Technische war für uns eine Hürde, weil das Schneiden, Bearbeiten und Zusammenfügen von Dateien vollkommenes Neuland für uns war. Manchmal mussten wir etwas bis zu zehn Mal aufnehmen, weil wir uns versprachen und an schweren Lachanfällen litten. Einmal las eine von uns etwas vor und erst am Ende merkten wir, das wir nichts aufgenommen hatten. Hin und wieder schwand der Mut und wir mussten uns heftig zusammenreißen, wenn etwas auch beim vierten oder fünften Mal nicht funktionierte. Bei manchen Rappernamen scheiterten wir an der amerikanischen Aussprache.
Um mehr über den Rapper Blumio zu erfahren, sahen wir uns zwei Stunden lang Interviews mit ihm an. Dadurch sammelten wir viele Informationen, die uns halfen, den Podcast interessanter zu gestalten und Blumio zu verstehen. Um Zeit zu sparen, teilten wir uns die Arbeit auf, das funktionierte sehr gut und wir kamen schnell voran. Wir hatten mehrere Wochen Zeit, den Podcast fertigzustellen und schließlich gaben wir ihn einen Tag vor Abgabefrist ab.

Im Laufe dieses Projektes wurden unsere Frustrationsgrenzen sehr beansprucht und auch ein großes Stück nach hinten geschoben. Wenn etwas nicht sofort klappt, regen wir uns jetzt nicht mehr so doll auf, sondern gucken, wo der Fehler liegt. Uns hat der Podcast auf vielen Gebieten etwas beigebracht.
Am Ende hörten wir uns die Podcasts der anderen an und waren erstaunt, wie unterschiedlich sie die Aufgabe umgesetzt hatten.

„Zombie“ von The Cranberries (Gwendolyn und Lucie)

Als wir die Liste der zur Verfügung stehenden Lieder bekamen, sprang uns sofort der Hit „Zombie“ in den Blick, und wir warteten gespannt auf den Moment, in dem die Doodle-Liste veröffentlicht wurde, um uns als erste für das Lied einzutragen.
Die durchgeplante Aufgabenstellung unseres Lehrers hat uns geholfen einen leichten Anfang zu finden, und die Anforderungen organisiert durchzuarbeiten.

Unser Vorgehen verlief etwa so:

recherchieren (Texte lesen, Videos schauen, informieren)
Stichpunkte machen
Skript schreiben
Aufnehmen

Am Laptop mit Audacity zusammensetzen und evtl. bearbeiten und Liedteile einfügen
Für die musikalische Charakterisierung, im Besonderen für das Ganze mit der Formstruktur, schauten wir uns auf YT Videos zum Thema an, um uns mit dem Konzept und der jeweiligen Zuordnung vertraut zu machen. Diesen Teil der musikalischen Charakterisierung habe ich, Gwen, besonders spannend empfunden, da mich dieser theoretische Teil der Musik sehr interessiert.
Die Aufnehmphasen waren besonders interessant (und lustig). Wie erwartet, haben wir vieles 15x aufnehmen müssen, was die Erfahrung aber nicht weniger unterhaltsam gemacht hat, ganz im Gegenteil.
Das Zusammensetzen des Ganzen in einem Tonspurprogramm war ebenso reizvoll, da es für uns beide aufregend war, uns mit solch einer Arbeit mal auseinander zu setzen.
Allgemein war es ein ansprechendes Projekt für uns, was viel Spaß gemacht hat, auch wenn es manchmal stressig war. Unsere Zusammenarbeit war sehr gut und nach dem vielen Homeschooling zusammen so intensiv an einer Sache zu arbeiten, hat uns beiden gutgetan.

6 Schüler*innen waren bereit, ihren Podcast als Audiodatei zur Verfügung zu stellen

Die Podcastbeiträge können über den jeweiligen Link auf Youtube gestreamt werden.